Frühkindliche Reflexe einfach erklärt
Frühkindliche Reflexe sind angeborene, automatische Bewegungsmuster, die bereits im Mutterleib oder kurz nach der Geburt vorhanden sind. Diese Reflexe werden auch als primitive Reflexe bezeichnet, da sie von älteren Gehirnregionen gesteuert werden, die bereits früh in der Entwicklung des Fötus entstehen. Obwohl diese frühkindlichen Reflexe normalerweise im Laufe der Zeit verschwinden bzw. gehemmt werden , spielen sie eine wichtige Rolle in der frühkindlichen Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern.
Wozu dienen frühkindliche Reflexe?
Die meisten frühkindlichen Reflexe haben einen bestimmten Zweck, der auf die Bedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern zugeschnitten ist. Zum Beispiel ermöglicht der Saug- und Suchreflex es Neugeborenen, die Brust der Mutter zu finden und sich ausreichend zu ernähren. Der Greifreflex hilft Säuglingen, Objekte zu ergreifen und zu halten, während der Schreckreflex dazu dient, das Baby vor möglichen Gefahren zu schützen.
Neben diesen Reflexen gibt es noch viele andere, wie zum Beispiel den Moro-Reflex, der dazu führt, dass das Baby bei plötzlichen Bewegungen oder Geräuschen die Arme ausbreitet und sich danach wieder zusammenzieht. Der Steh- und Gehreflex kann dazu führen, dass das Baby automatisch die Beine anzieht und versucht zu stehen oder zu gehen, wenn es aufrecht gehalten wird. Diese und viele weitere frühkindliche Reflexe sind ein wichtiger Teil der normalen Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern.
Was passiert, wenn frühkindliche Reflexe bleiben?
In diesem Blogbeitrag werden wir die Auswirkungen und Bedeutung persistierender frühkindlicher Reflexe genauer betrachten.
Motorische Herausforderungen: Persistierende Reflexe können zu motorischen Herausforderungen führen. Sie können die normale Bewegungskontrolle und -koordination beeinträchtigen, was sich auf die Fein- und Grobmotorik auswirkt. Kinder mit persistierenden Reflexen können Schwierigkeiten haben, ihre Bewegungen präzise zu steuern, Gleichgewicht zu halten oder komplexe Handlungen auszuführen. Dies kann sich auf ihre Alltagsaktivitäten, ihre Teilnahme am Spiel oder Sport sowie ihre schulischen Leistungen auswirken.
Sensorische Verarbeitungsstörungen: Persistierende Reflexe können auch Auswirkungen auf die sensorische Verarbeitung haben. Das Zusammenspiel der Sinne, wie Sehen, Hören, Tasten und Gleichgewicht, kann gestört sein. Kinder können überempfindlich auf bestimmte Reize reagieren, wie laute Geräusche oder Berührungen, oder Schwierigkeiten haben, sensorische Informationen angemessen zu verarbeiten. Dies kann zu Unbehagen, Überstimulation oder Unterstimulation führen und das Verhalten und die Aufmerksamkeit beeinflussen.
Lern- und Verhaltensprobleme: Persistierende Reflexe können auch Auswirkungen auf das Lernen und Verhalten haben. Kinder können Schwierigkeiten haben, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, ihre Aufmerksamkeit zu halten oder komplexe Anweisungen zu verstehen. Dies kann zu Lernschwierigkeiten in der Schule führen und das Selbstvertrauen und die soziale Interaktion beeinträchtigen. Kinder mit persistierenden Reflexen können auch impulsives Verhalten zeigen oder Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen angemessen zu regulieren.
Auswirkungen auf die Entwicklung des Gehirns: Persistierende Reflexe können auch Auswirkungen auf die Entwicklung des Gehirns haben. Das anhaltende Vorhandensein dieser Reflexe kann dazu führen, dass das Gehirn bestimmte Verbindungen oder Netzwerke nicht optimal entwickelt. Dies kann die Reifung höherer kognitiver Funktionen und die Fähigkeit zur Selbstregulation beeinflussen.
Mögliche Zusammenhänge mit Entwicklungsstörungen: Es gibt Vermutungen, dass persistierende Reflexe mit bestimmten Entwicklungsstörungen wie Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus-Spektrum-Störung (ASD) oder Lern-/Schreibschwierigkeiten in Verbindung stehen könnten. Obwohl weitere Forschung erforderlich ist, um diese Zusammenhänge genauer zu verstehen, legen einige Studien nahe, dass persistierende Reflexe ein potenzieller Faktor bei der Entwicklung solcher Störungen sein könnten.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ein Beispiel ist der Asymmetrisch Tonische Nacken Reflex (ATNR), der dazu führt, dass das Baby den Kopf in eine Richtung dreht und gleichzeitig den Arm und das Bein auf derselben Seite ausstreckt. Dieser Reflex kann bei Kindern mit Entwicklungsstörungen länger als üblich bestehen bleiben und kann die normale Entwicklung der motorischen Fähigkeiten beeinträchtigen. Hier übernimmt der frühkindliche Reflex eine Bewegung, das Kind kann nicht willkürlich, also selbst, die Bewegung ausführen.
Obwohl frühkindliche Reflexe für die normale Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern wichtig sind, sind sie ein oft übersehener Aspekt der Entwicklung. Durch das Verständnis dieser frühkindlichen Reflexe und wie sie sich auf die Entwicklung von Kindern auswirken können, können Eltern und Therapeuten gezielt daran arbeiten, motorische Fähigkeiten zu verbessern. Eine so genannte Integration frühkindlicher Reflexe ist hier unumgänglich!
Zusammenfassung:
Persistierende frühkindliche Reflexe können verschiedene Auswirkungen auf die motorische, sensorische, kognitive und Verhaltensentwicklung von Kindern haben. Es ist wichtig, diese Reflexe zu erkennen und zu verstehen, um geeignete Interventionen und Therapien anzubieten. Eine umfassende Bewertung und Diagnose durch erfahrene Fachleute ist der erste Schritt, um individuelle Behandlungspläne zu entwickeln und die bestmögliche Unterstützung für betroffene Kinder zu gewährleisten. Mit der richtigen Intervention und Unterstützung können Kinder mit persistierenden Reflexen ihre motorischen Fähigkeiten verbessern und ihre Entwicklungspotenziale entfalten.